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Herren Nationalteam - Rückblick Pilsen Challenge / Ausblick WM Visp-Raron 2024

Herren Nationalteam - Rückblick Pilsen Challenge / Ausblick WM Visp-Raron 2024

Von Marc Aegerter, Assistant Coach Herren Nationalteam:

Durch den Verzicht auf die Teilnahme an der letzten WM in Kanada liegt der letzte internationale Vergleich einer Schweizer Aktiv Streethockey Nationalmannschaft bereits 5 Jahre zurück. Die Junioren WM im vergangenen Jahr hat jedoch bereits gezeigt, wie sich die Sportart stetig weiterentwickelt hat. Das Spiel auf dem Plastik-Belag ist äusserst schnell und technisch hochstehend. Dazu kommt, dass die konditionellen Ansprüche nochmals höher einzustufen sind, um mit den Top-Nationen mithalten zu können. Im Duell mit den führenden Ländern hatte die Schweiz vor über 10 Jahren das Problem des unbekannten Spielsystems, da in der heimischen Liga noch mit 4 gegen 4 Feldspielern gespielt wurde. Heute ist der Spieluntergrund der Hauptunterschied. Rasch ist erkennbar, dass es auf Asphalt ein langsameres Spiel ist und die technischen Merkmale wesentliche Differenzen aufweisen. Die ersten Vereine in der Schweiz haben im Hinblick auf diese Saison einen neuen Plastik-Belag verlegt, so dass die Lücke zur internationalen Konkurrenz weiter geschlossen werden soll. Die bisher gesammelten Erfahrungen reichen jedoch natürlich noch nicht aus, wenn man bedenkt, dass beispielsweise in Tschechien seit 3 Jahren jeder Verein in der höchsten Liga auf dem schnellen Untergrund aus Plastik spielt.

Das 3-Länder Turnier in Pilsen (CEZ) vom 16-18. Februar 2024 kam wie gerufen. Endlich wieder ein Kräftemessen mit zwei Ländern, welche zu den vier stärksten weltweit gehören. Nach der Anreise mit einem Training am Abend folgten übers Wochenende je zwei Spiele gegen die Slowakei und Tschechien. Die Vorfreude im Schweizer Lager war gross, sind doch solche Matches immer eine tolle Erfahrung. Mit der WM vor Augen im Sommer in der letzten Juni-Woche in Visp/Raron (SUI) wollte man selbstverständlich auch die Chance zur Standortbestimmung nutzen. Die Spiele hatten für die Akteure wie auch den Staff noch einen weiteren eminenten Aspekt. Die Kader-Selektion für die Heim-WM ist nämlich noch nicht abgeschlossen. Die Spieler wollten mit starken Leistungen auf sich aufmerksam machen und den Platz im Team sichern, den Betreuern bot sich die Gelegenheit das Spielsystem sowie Linienzusammenstellungen zu testen.

Der Start ins Turnier gelang den Eidgenossen hervorragend. Zwar lag man nach dem ersten Drittel gegen die Tschechen mit 0:1 Toren in Rückstand, das Score hätte aber anhand des Spielgeschehens durchaus auch andersrum lauten können. Nach der Pause entwickelte sich ein komplett anderes Spiel. Die Tschechen waren nun haushoch überlegen, die Gäste konnten sich kaum mehr aus der Umklammerung lösen. Kontinuierlich wurde das Resultat nach oben geschraubt. Dabei war vor allem das Überzahlspiel beeindruckend. Alle vier Möglichkeiten bei nummerischer Überlegenheit wurden eiskalt ausgenutzt. Am Ende resultierte ein 1:8 zu Gunsten des Heim-Teams. Im zweiten Spiel am Samstag war die Begegnung mit den Slowaken mehrheitlich ausgeglichen. Zwei Tore kurz vor der zweiten Pause sollten schliesslich entscheidend sein. Die Slowakei verwaltete im letzten Abschnitt den Vorsprung, womit die drei-Tore-Führung bis zur Schlusssirene bestand hielt. Die Anzeigetafel zeigte am Ende 2:5 aus Sicht der Schweizer an. Am darauffolgenden Tag bot sich gleich die Chance zur Revanche. Und Tatsächlich setzte sich in diesem Spiel die Schweiz mit 3:1 Toren durch. Zwar vergaben die Slowaken einige gute Chancen, aber der Sieg war dank einer kompakten Mannschaftsleistung nicht gestohlen. Nach dem Anschlusstreffer reagierte man postwendend und wie am Vortag konnte man nun seinerseits die Führung im letzten Drittel über die Runden schaukeln. Die aufsteigende Tendenz konnte im abschliessenden Match gegen die Einheimischen nicht bestätigt werden. Nochmals setzte es eine Kanterniederlage ab. Sogar das deutliche Verdickt von 0:8 Toren war dem Gezeigten entsprechend. Die Tschechen waren körperlich, spielerisch wie auch taktisch nochmals in allen Belangen überlegen.

Mit einem Sieg im Gepäck, aber auch zwei groben Niederlagen, reiste man zurück nach Hause. Zusätzlich konnten zahlreiche Erkenntnisse mitgenommen werden. Dass das slowakische Spiel im Gegensatz zum Spiel der Tschechen den Schweizern deutlich besser behagt, ist schon bei anderen Vergleichen aufgefallen und wurde aufs Neue bestätigt. Trotz der hohen Schlappen war auch in den Begegnungen mit den Tschechen erkennbar, dass das Schweizer Spielsystem mit einem lauffreudigen aggressiven druckvollen Forechecking funktionieren kann. Leider fehlten die konditionellen Voraussetzungen, um dieses aktive System über weite Strecken des Spiels aufrecht halten zu können. Zudem klappten die Automatismen noch zu wenig. Vor allem, wenn es schnell ging, wurden diese Defizite offensichtlich und das angesprochene System fiel auseinander. Diese Schwierigkeiten zeigten sich ebenfalls bei der passiven Spielweise. Hier stimmte die Zuteilung respektive Übergabe der Gegner öfters nicht. Die technischen Mängel waren gegenüber der Widersacher offensichtlich. Auf dem Plastik-Belag hatte man Mühe mit den Schlagschüssen und setzte die gezogenen Handgelenkschüsse, welche die vielversprechendere Waffe darstellen, zu wenig ein. Auch die Dribblings oder Passgenauigkeit haben Luft nach oben. Dieser technische Vorteil der Gegner ist bewusst und wird noch länger anhalten. Umso mehr müssen die Schweizer mit ihrem Einsatz, dem Kampfwillen und der damit verbundenen physischen Präsenz entgegenhalten. Die Form etlicher Spieler im Schweizer Kader war womöglich die grösste Enttäuschung dieser Tage. Wenn man die Wichtigkeit nicht nur in Bezug mit einer allfälligen Selektion betrachtet, waren diverse Kandidaten nicht in der gewünschten Verfassung. Gerade die Tschechen haben die konditionellen Mängel schonungslos aufgezeigt.

Klar haben die Schweizer bei der Zusammensetzung der Linien experimentiert und beispielsweise nicht mit spezifischen Über- oder Unterzahlformationen agiert. Dennoch waren die Resultate gegen die Tschechen etwas gar ernüchternd. Auch Formationen, welche eigentlich auf diesem Niveau entgegenhalten sollten, haben nicht überzeugt. Fakt ist, dass man mit solchen Leistungen kein Kandidat für ein mögliches Halbfinale an einer Weltmeisterschaft ist. Fakt ist aber auch, dass die Voraussetzungen gegeben sind, für die bisher stärkste Schweizer Aktiv Streethockey Nationalmannschaft. Das Potential für vier starke Linien ist vorhanden, das Spielsystem wird bis zum Turnierstart weiter gefestigt werden. Nun liegt der Ball im wahrsten Sinn des Wortes bei den Akteuren. Ist jeder in den verbleibenden knapp vier Monaten bereit nochmals richtig hart an seiner Form zu arbeiten, dann kann durchaus etwas möglich sein. Die individuelle körperliche Verfassung jedes einzelnen Spielers wird ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg sein.

Nach eingehendem Studium der Spiele in Pilsen, aber auch der bisherigen Trainings im Rahmen der Nationalmannschaft, wie natürlich auch der Leistungen während der laufenden nationalen Meisterschaft wird der Trainer-Staff die Spielerliste bis zum Final-Four Turnier am Oster-Samstag in Kernenried um vier Namen reduzieren. Der letzte Kaderschnitt erfolgt dann am Ende der Play-Offs. Mit dem definitiven Kader von 22 Feldspielern und 3 Torhütern geht es schliesslich in die knapp einmonatige letzte Vorbereitungsphase, ehe Ende Juni das Highlight im Wallis startet. Es gilt zu hoffen, dass die Eindrücke aus Pilsen den Spielern nochmals richtig vor Augen geführt haben, was dann verlangt sein wird, damit die Einheimischen Fans Grund zum Jubeln haben werden. In diesem Sinne: es liegt noch viel Arbeit vor uns, packen wir es an!

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